Vernachlässigte Schienen: Die Herausforderungen des deutschen Güterverkehrs

blog-30-1-24
Das dichte Schienennetz in Deutschland ist eine tragende Säule der nationalen Infrastruktur, steht aber oft im Schatten des dominierenden Straßenverkehrs. Während Staus auf den Autobahnen sichtbare Zeichen eines überlasteten Systems sind, birgt das Schienennetz ungenutzte Potenziale und eigene Herausforderungen. Aber auch das Schienennetz stößt zunehmend an seine Kapazitätsgrenzen, denn seit 2003 steigt die Transportleistung des Schienengüterverkehrs in Deutschland kontinuierlich an.
 
In diesem Beitrag werfen wir einen detaillierten Blick auf den Schienengüterverkehr in Deutschland. Wir beleuchten aktuelle Entwicklungen, identifizieren kritische Probleme und untersuchen, wie das Schienennetz für den Güterverkehr effizienter genutzt werden kann. Kann die Schweiz als positives Beispiel dienen?
 

Zustand des Schienennetzes

Unzureichende Infrastruktur: Das deutsche Schienennetz steht vor erheblichen infrastrukturellen Herausforderungen, die eine effiziente Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene erschweren. Zu den Hauptproblemen zählen unzureichende Schienenkapazitäten und fehlende Verladeterminals. Viele Streckenabschnitte sind nicht ausreichend ausgebaut, um den wachsenden Anforderungen des modernen Güterverkehrs gerecht zu werden. Dadurch entstehen Engpässe, die eine schnelle und effiziente Abwicklung der Transporte behindern. Es gibt aber auch positive Aussichten: So lag die Pünktlichkeitsquote im Schienengüterverkehr der Deutschen Bahn (DB Cargo) in Deutschland im ersten Halbjahr 2023 bei 71,2%. Das ist eine Verbesserung gegenüber dem Vorjahr 2022, als die Pünktlichkeitsrate bei 66,1% lag. 

Fehlende Überholgleise: Eine weitere große Herausforderung ist das Fehlen von Überholspuren. Im Gegensatz zu Autobahnen, die in jeder Richtung mindestens zweispurig sind, verfügen viele Eisenbahnstrecken nur über ein Gleis pro Richtung. Langsame Güterzüge müssen sich daher die Gleise mit schnelleren Personenzügen teilen, was häufig zu Verspätungen führt. Die begrenzte Anzahl und Länge von Überholgleisen schränkt die Kapazität und Flexibilität des Schienennetzes weiter ein und verhindert, dass Güterzüge ihre Längen- und damit Preisvorteile gegenüber dem Lkw voll ausspielen können.

Veraltetes Kupplungssystem: Zusätzlich wird das deutsche Schienennetz durch ein veraltetes Kupplungssystem für Güterwagen behindert. Im Gegensatz zu modernen, automatisierten Systemen in anderen Teilen der Welt wird in Europa häufig noch manuell gekuppelt. Diese veraltete Methode ist zeitaufwändig und kostspielig, was die Flexibilität und Effizienz des Schienengüterverkehrs stark beeinträchtigt. Die Modernisierung des Kupplungssystems ist daher ein entscheidender Schritt zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des Schienengüterverkehrs.

Warum ist die Situation so desolat?
 
Geringe Investitionen in die Schieneninfrastruktur: Deutschland liegt bei den Investitionen in die Schieneninfrastruktur hinter anderen Ländern wie der Schweiz zurück. Die geringen Investitionen wirken sich direkt auf die Qualität und Kapazität des Schienennetzes aus. Die unzureichende Finanzierung führt zu veralteten Systemen, mangelnder Modernisierung und begrenzten Ausbaukapazitäten. Diese Investitionslücke ist eine der Hauptursachen für den desolaten Zustand des deutschen Schienennetzes und beeinträchtigt dessen Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit erheblich.
 
Historische Priorisierung des Straßenverkehrs: Historisch gesehen wurde in Deutschland dem Ausbau des Straßennetzes eine höhere Priorität eingeräumt als dem Ausbau des Schienennetzes. Diese Priorisierung führte zu einer Vernachlässigung des Schienenausbaus. Dies führte im Laufe der Zeit zu einem Schienennetz, das mit den steigenden Anforderungen und Potenzialen des modernen Güter- und Personenverkehrs nicht Schritt halten konnte. Dieser historische Trend hat die Entwicklung eines robusten und effizienten Schienensystems erheblich behindert.
 
Mangel an langfristigen politischen und strategischen Entscheidungen: Ein weiterer kritischer Punkt ist das Fehlen einer klaren, langfristigen Strategie für den Ausbau und die Modernisierung des Schienennetzes. Politische Entscheidungen und strategische Planungen sind häufig kurzfristig ausgerichtet und lassen eine ganzheitliche Vision für die Zukunft des Schienenverkehrs in Deutschland vermissen. Diese Lücke in der Verkehrspolitik und -planung hat eine systematische und zielgerichtete Entwicklung des Schienensystems verhindert und seine Anpassungsfähigkeit an moderne Verkehrsanforderungen eingeschränkt.
 
Positives Beispiel: Schweiz
 
Höhere Infrastrukturinvestitionen in der Schweiz: Die Schweiz ist ein herausragendes Beispiel für umfangreiche Infrastrukturinvestitionen in den Schienenverkehr. Pro Kopf der Bevölkerung werden dort deutlich mehr Mittel für die Schieneninfrastruktur aufgewendet als in Deutschland. Im Jahr 2022 investierte Deutschland mit 114 Euro pro Kopf im europäischen Vergleich relativ wenig in die Schieneninfrastruktur. In der Schweiz hingegen werden im gleichen Jahr rund 450 Euro pro Einwohner in die Schieneninfrastruktur investiert, also deutlich mehr. Die höheren Investitionen spiegeln sich in modernen, gut ausgebauten Strecken und fortschrittlichen Technologien wider, die den Schweizer Schienenverkehr auszeichnen.
 
Effizientes, integriertes Verkehrssystem: In der Schweiz ist die Bahn gut mit anderen Verkehrsträgern vernetzt, was eine nahtlose und effiziente Reise ermöglicht. Diese Integration geht über die reinen Verbindungen hinaus und umfasst die Abstimmung von Fahrplänen, Ticketingsystemen und Informationstechnologien, die die Nutzung der verschiedenen Verkehrsmittel für Reisende und den Transport von Gütern erleichtern. Das Ergebnis ist ein multimodales Verkehrssystem, das die Stärken der verschiedenen Verkehrsträger optimal nutzt und die Abhängigkeit von einzelnen Verkehrsträgern reduziert.
 
Starke politische Unterstützung in der Schweiz: Die Schweizer Regierung setzt sich aktiv für die Förderung des Schienenverkehrs ein. Diese Unterstützung reicht von finanziellen Investitionen in die Infrastruktur bis hin zu gesetzlichen Regelungen, die den Schienenverkehr begünstigen. Die klare politische Vision und die konsequente Umsetzung von Maßnahmen zur Förderung des Schienenverkehrs haben dazu beigetragen, dass die Schiene in der Schweiz eine tragende Rolle im Verkehrssystem einnimmt. Dieser umfassende Ansatz hat die Schiene zu einer attraktiven, zuverlässigen und nachhaltigen Alternative für den Personen- und Güterverkehr gemacht.
 

Fazit

Das deutsche Schienennetz, obwohl integraler Bestandteil der Infrastruktur, steht vor erheblichen Herausforderungen, die seine Entwicklung und Effizienz hemmen. Verglichen mit der Schweiz, wo höhere Investitionen und eine starke politische Unterstützung ein modernes und effizientes Schienensystem ermöglicht haben, wird der dringende Handlungsbedarf in Deutschland deutlich. Der Modernisierungsbedarf der Schieneninfrastruktur ist unübersehbar. Nur mit einer umfassenden strategischen Neuausrichtung, die sowohl finanzielle Mittel als auch langfristige Visionen beinhaltet, kann Deutschland sein Schienennetz revitalisieren und als tragfähige Alternative zum überlasteten Straßenverkehr etablieren.
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